Leserbrief von Hermann Müller

Bildhauer Hermann G. Müller,

Leserbrief
zur ersten deutschen Einzelausstellung der Kunstmalerin und Illustratorin Larysa Golik im städtischen Bezirksamt - Erdgeschoss-Halle, Hauptstrasse 85, Köln-Rodenkirchen

Larysa Golik versteht es in besonderem Maße, mit hoch sensibilisierten sinnlichen Reizen den aufmerksamen Betrachter an ihrem "Inneren Feuer, das alle Künstler kennen und das sie glücklich sein lässt in ihrer Welt von Linien, Formen und Farben" teilhaben zu lassen. Die Werke der Künstlerin verkünden die Botschaft von der subversiven Kraft der Phantasie. Dass sich dieser jemand, der sie anschaut, entziehen kann, ist nur schwerlich vorstellbar. Sowohl für alle Freunde moderner Malerei als auch solche konservativ(er)er bildnerischer Darstellungs- und Ausdrucksformen ist gerade diese Ausstellung eine ganz besondere Bereicherung.

Die eigenschöpferische Spannbreite ihres Schaffens umfasst "pur-naturalistische" Elemente der Erlebens-Umwelt bis hin zu Traum-Landschafts-Räumen, die in dieser Art als "noch bürgerliche" Form des Surrealismus in den Kölner Galerien und Ausstellungs-Sälen üblicherweise sowohl nach Inhalt, Thema als auch Gegenstand "ohne Beispiele" sind. Das Geheimnis des Erfolges dieser sympathischen Künstlerin liegt auch in der ästhetischen Wirkung, die ihren Arbeiten zukommt.

Angesprochen werden Wünsche, Träume und zentral-verinnerlichte Gefühlswurzeln, die im Herzen des Betrachters ihren Ursprung genommen haben, evtl. lange dahinschlummerten und von Larysa's Pinselduktus eine (längst fällige) Reanimation in einer Art und Weise erfahren, wie man sie allenfalls aus akustischen Klängen, erlesenen Düften oder einem besonders fein ausgeprägten Geschmacks-Sinn (wieder-) zu kennen glaubt.

Den Schöpfungen dieser Künstlerin liegt auch eine erstaunlich wahre Farbvision zugrunde, die eine Ächtung jahrhundertealter Konventionen widerspiegelt.

Es werden diese und jene Lichteffekte fokussiert, die an alte Freilichtmalerei erinnern. Wo es geboten erscheint, arbeitet sie mit natürlichen Tonwerten, einer lebensvoll-impulsierenden Bewegung.

Schatten werden mit Komplementärfarben dargestellt und ergreifen vom Ganzen (eines Motivs) mit relativ einfachen Mitteln in überzeugender Weise Besitz.

Larysa Golik verbindet klassische Techniken/Materialien mit ebenso klassischen Motiven aus Landschaft, Architektur, Stilleben, Akt und Portrait.

Wohldosierte Konturen und gediegene Pointen im mitunter kontrastkonflikt-beladenen Colorit unterstreichen besonders durch den Effekt der Raumtiefe die von diesen Bildern ausgehenden vielschichtigen hypnotischen Wirkungen.

Die erreichte Loslösung vom konkreten Erlebnishorizont bewirkt keine Ablenkung, sondern eine Zerstreuung, die sehr direkt in den Kern einer Person weist.

Dadurch stellen sich Fragen nach Orientierung, Sinnbildern und Gefühlen, die sich zentrisch steigern und darin gipfeln, dass das "Innere Feuer der Ergriffenheit von einer grenzenlosen Welt" selbständig entwickelt, empfunden und real erlebt werden kann - aber dafür auch individuell und lebensnah verarbeitet werden muss. Diese "Selbsterfahrungs-Assistenz / Erlebnis-Anleitung" zu leisten ist Larysa Golik in mustergültiger Art gelungen. Diese Künstlerin hat eine große Zukunft vor Augen!

Köln, 5. November 2001